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Robert† ist gegangen

Beate Reiß
38 Jahre lang habe ich zusammen mit Beate Reiß, meiner Lebensgefährtin, Genossin und Freundin, für eine gerechtere Welt, für ein solidarisches Zusammenleben aller gekämpft, gleich welcher Ethnie, mit welchem religiösen oder weltanschaulichen Verständnis, mit welchem rechtlichen Status oder Geschlecht.
Nun ist Ate nach langer schwerer Krankheit, zuletzt aber gerade auf dem Weg der Rekonvaleszenz, völlig überraschend an einem absurden Behandlungsfehler gestorben. Das macht mich nicht nur unendlich traurig, sondern auch fassungslos, aber es ist nun wie es ist.
Ich werde meine politische Arbeit in unser beider Sinne fortzuführen versuchen. Eine Würdigung ihres Lebens und ihrer Aktivitäten durch Andere stelle ich unter dem anklickbaren Punkt "Beate" auf meine Seite. Ich selber werde versuchen, ein Buch über sie zu schreiben, da ich ihre Persönlichkeit und ihre Lebensleistung nicht auf einer halben Seite darstellen kann.
Sie wird mir und hoffentlich vielen Menschen unvergesslich bleiben.
Im Alter von 67 Jahren verstarb nach einer längeren, schweren Krankheit am 21. September 2020 unser Genosse Robert Jarowoy.
Robert hatte nicht nur ein großes Herz. Unermüdlich setzte er sich ein für die Menschen, die in unserer Gesellschaft zu leiden haben. Er gab ihnen sein Ohr und konnte mit Leidenschaft, Klugheit und Kraft ihre Interessen darstellen und vertreten. Wir wissen nicht, wie wir ihn ersetzen sollen. Aber er hat uns immer wieder aufgeklärt, dass jeder ersetzt werden kann und muss. Wir werden uns anstrengen.
Maßgeblich hat Robert Jarowoy den Bezirksverband Hamburg-Altona der Partei DIE LINKE aufgebaut und politisch stark geprägt. Als Fraktionsvorsitzender vertrat er DIE LINKE 13 Jahre lang in der Bezirksversammlung. Mit hohem Engagement hat er die Anliegen der Altonaer Bevölkerung vertreten und die Hintergründe politischer Entscheidungsprozesse transparent gemacht. So gelang es ihm immer wieder, kommunale Anliegen und Probleme mit den großen und theoretischen Gesellschaftsfragen zu verbinden, was sich besonders auch in seinen vielen Krimis widerspiegelt. Schwerpunkte seiner politischen Betätigung waren in den letzten Jahren Kemal-Altun-Platz, Altonaer Bahnhof und das Bahngelände, Bismarckbad, Altonaer Museum, Erhalt der Altonaer Kleingärten, der Protest gegen den G20-Gipfel, Altonaer Manifest und das Bürgerbegehren „Bürgerwillen verbindlich machen!“ mit dem Ziel der Abschaffung der Hamburger Einheitsgemeinde.
„Mein zentrales politisches Anliegen ist der Stopp von Privatisierungen öffentlichen Eigentums bzw. Rückführung in die kommunale Verfügungsgewalt. Aufgrund meines internationalistischen Engagements mit dem Schwerpunkt Kurdistan ist mir ein weiteres Hauptanliegen die Unterstützung von Menschen, die infolge von Flucht und Migration nach Altona gekommen sind oder kommen wollen, die hier in der weltoffenen Altonaer Tradition eine sichere Zuflucht und Existenzmöglichkeit haben sollen.“
Seit Anfang der 80er Jahre engagierte sich Robert Jarowoy in der Solidaritätsarbeit mit Kurdistan. Hier ging es ihm nicht nur um das Selbstbestimmungsrecht des kurdischen Volkes, sondern auch um das basisdemokratische Gesellschaftskonzept, das die kurdische Bevölkerung und ihre politische Führung überall, wo es möglich ist, umzusetzen versucht.
Die Wohnung von Robert und seiner Frau Ate und dort vor allem die Küche waren ein offener Ort für die Belange von Menschen und ein Platz des politischen Austausches. Jedes Thema und Anliegen fand Gehör, aber vor allem war Robert ein Mensch der Taten. In der Küche wurde nicht nur diskutiert, sondern auch herzlich gelacht. Den Scharfsinn und den Humor von Robert werden wir vermissen.
Nach seinem Studium der Philosophie verstand Robert sich als Teil der Bewegung 2. Juni, die mit exemplarischen Aktionen die Unmenschlichkeit des kapitalistischen Gesellschaftssystems anzuprangern versuchte - ein Weg, der im Gefängnis endete. Auch nach seiner mehr als fünf Jahre andauernden Inhaftierung verband er sein politisches Engagement konsequent mit sehr unterschiedlichen beruflichen Aufgaben: Buch-Verlag, Zweiradwerkstatt, HBV-Betriebsrat, Öko-Genossenschaft, W3-Kneipe, Käsehandel.
Wöchentlich warteten viele seiner Abonnent*innen auf ihre Käsekiste, um amüsiert und gespannt das jeweils beiliegende Käseblättchen zu studieren, das er mit viel Historie, Fachwissen und Augenzwinkern schrieb.
Seine Krimis über Altona waren eine literarische Aufarbeitung des Filzes, der Machenschaften von Politiker*innen, Unternehmer*innen und der Verwaltung. Für die wachsende Schar der Leser*innen war sein unterhaltsamer Schreibstil spannend und aufklärend zugleich.
Wir, DIE LINKE Hamburg-Altona, verlieren einen Antifaschisten, Internationalisten und Revolutionär, einen Kämpfer für eine sozialistische Gesellschaftsordnung. Und wir verlieren einen guten Menschen und Freund.




Die Linke tritt auf der Bezirksliste und in allen 7 Altonaer Wahlkreisen Altona Altstadt/Sternschanze (WK 1), Altona Nord/Bahrenfeld Ost (WK 2), Ottensen (WK 3), Othmarschen/Flottbek/Bahrenfeld West (WK 4), Lurup (WK 5), Nienstedten/Osdorf/Iserbrook (WK 6) und Blankenese/Rissen/Sülldorf (WK7) sowie auf der Bezirksliste mit jeweils einer ganzen Reihe KandidatInnen an. Die meisten davon sind auf dem Gruppenfoto im Kollegiensaal des Altonaer Rathauses zu sehen.
Einer der Bürgerbeteiligung liebt: alles Käse oder was?
Robert Jarowoy vertreibt Käse im Abo und schreibt Krimis. Nebenbei mischt der 66-Jährige aus der Opposition die Bezirksversammlung auf | Markus Krohn

Auch in dieser Ausgabe stellt die DorfStadt-Redaktion wieder einen Kandidaten zur Bezirksversammlungswahl am 26. Mai 2019 vor. Diesmal den 66-jährigen Spitzenkandidaten der LINKS-Partei, Robert Jarowoy. In den 1970er-Jahren saß er als anarchistischer Gewalttäter im Gefängnis, vier Jahre davon sogar in Isolationshaft. Seit über 40 Jahren lebt der 66-jährige Initiativenaktivist in Ottensen, seit zwölf Jahren als Vorsitzender der Linksfraktion in der Altonaer Bezirksversammlung mit dem Schwerpunkt Stadtplanung, Bauen und Flüchtlinge. Weitere Schwerpunkte, für die er immer und überall eingetreten ist und ein tritt, sind eine konsequente Friedenspolitik ohne Auslandseinsätze der Bundeswehr, soziale Gerechtigkeit ohne Hartz IV aber mit Vermögens- und Spekulationssteuer, sowie eine wirkliche Stärkung kommunaler Rechte und von Bürgerrechten statt einer immer stärkeren Zentralisierung der Entscheidungsbefugnisse. Robert Jarowoy hat eine Reihe Krimis geschrieben, in denen er seine Erlebnisse in der Altonaer Kommunalpolitik ironisch verarbeitet hat und im Selbstverlag über die Altonaer und vor allem Ottenser Buchhandlungen vertreibt. „Eigentlich bin ich kein Krimi-Autor, sondern habe mich auf Krimis kapriziert, um bestimmte, mir wichtige politische Inhalte aus Altona etwas appetitlich zu verpacken und öffentlich zu machen. „Dass ich mich dabei genau wie andere zeitgenössische Personen und Persönlichkeiten aus dem Altonaer Tages geschehen mal mehr und mal weniger realistisch reflektiere und darstelle, ergibt sich und ist unvermeidlich“, sagt Jarowoy über sich selbst. Und tatsächlich: Wer sich mit der Bezirkspolitik beschäftigt, erkennt mit großer Sicherheit etliche der handelnden Akteure wieder ... Geld verdient der studierte Philosoph als Bio-Käsehändler in Kooperation mit einem Gemüsekisten-Abo der Hoflieferanten (bio-hoflieferant.de). Als Vorsitzender der Links-Partei in Altona tritt er 2019 noch einmal gemeinsam mit 40 Kandidatinnen und vor allem seiner Co-Spitzenkandidatin Therese Fiedler, einer 33-jährigen Sozialrechtsanwältin, noch einmal an.
DorfStadt: Welches sind aus Ihrer Sicht die drängendsten Probleme im Bezirk Altona und wie wollen Sie sie lösen?
Robert Jarowoy: Das drängendste Problem ist der Umstand, dass die weit mehr als eine Viertelmillion AltonaerInnen nicht einmal annähernd so viel Selbstbestimmungsrechte haben wie die Menschen in Wedel oder Schenefeld. Hier hoffen wir auf eine Volksinitiative zur Änderung der Hamburgischen Verfassung mit dem Ziel, den Bezirken künftig kommunale Selbstverwaltung einzuräumen, was dann auch die Verbindlichmachung von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden umfasst. Zweitens der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, ins Besondere durch die schienen gebundene Anbindung Osdorfs und Lurups, die die verschiedenen Senate bereits in den 70er Jahren versprochen, aber nie umgesetzt haben. Parallel dazu die Sperrung der West-Ost Verbindung für den Schwerlast verkehr mitten durch Altona und die ganze Stadt. Drittens den Stop der maßlosen Innenverdichtung im Altonaer Kerngebiet, der Grünflächen missachtet und die Bereitstellung von Flächen des Gemeinbedarfs für Schulerweiterungen bzw. -neubau immer wieder ignoriert oder hinter die Interessen der Immobilienwirtschaft stellt, wofür meistens das Argument der dringend benötigten bezahlbaren Wohnungen angeführt wird. Da sagen wir: Abriss der meistens sowie nicht genutzten Messehallen zugunsten der Errichtung eines Wohn und Kleingewerbequartiers mitten in der Stadt.
Haben Sie eine Idee, wie in Zukunft die Bürgerbeteiligung gestaltet werden kann, ohne dass Planungen ständig konterkariert werden bzw. unnötig in die Länge gezogen werden?
Ich sehe es überhaupt nicht so, dass Planungen durch Bürgerbeteiligung konterkariert und unnötig in die Länge gezogen werden. Ganz im Gegenteil. Oft werden von Investoren gesteuerte oder am Behördenschreibtisch völlig an den Bedürfnissen der betroffenen AnwohnerInnen vorbei gestaltete Planungen erst durch die Bürgerbeteiligung vom Kopf auf die Füße gestellt. Wobei dies wegen der häufigen Missachtung des Bürgerwillens leider meistens beim Versuch bleibt.
Wie kann die Bezirksversammlung bzw. -verwaltung bürgernäher werden?
Indem sie den Bürgerwillen ernst nehmen und öffentliche Anhörungen/Plandiskussionen nicht als lästige Alibiveranstaltungen ansehen und die Ergebnisse geradezu konterkarieren, um Ihre Wortwahl zu gebrauchen. Jüngste Beispiele sind der Blankeneser Marktplatz, der Spritzenplatz oder völlig schreckliche und den Grundzügen der Planung widersprechende Innenhof-Bebauungsvorhaben in Ottensen, Bahrenfeld und im Schanzenviertel.
Warum sollten die Wählerinnen und Wähler Ihnen bzw. Ihrer Partei Ihre Stimme geben?
Um den vielen Initiativen in unserem Bezirk Gehör zu verschaffen. Insofern geben sie ihre Stimme nicht mir oder unserer Partei, sondern viel mehr sich selber. Das haben wir oft genug durch unsere Unterstützung für Bürgerbegehren deutlich gemacht: Für den Erhalt des Bismarckbades, wo ich selber Vertrauensmann war, beim Buchenhofwald, gegen den Verkauf der Altonaer Kleingärten, beim Blankeneser Marktplatz, Spritzenplatz, Schanzen Biotop, VIN Rissen, Altonaer Manifest und vielen anderen mehr.
Wo treffen Wählerinnen und Wähler Sie bzw. Ihre Partei während des Wahlkampfes?
Das werden wir durch Plakate bekannt machen, gleichwohl wir als allein auf die Tatkraft unserer Mitglieder gestützte Partei natürlich nicht solche Werbemöglichkeiten haben wie andere Parteien.
Die beiden Spitzenkandidaten der LINKEn im Bezirk Altona vereint das Vertrauen in die Erfahrung und den Wunsch nach neuer weiblicher Tatkraft: Therese Fiedler, 33, Rechtsanwältin und Robert Jarowoy, 65, Krimiautor und Käsehändler. Foto: PR